Mehr über die Reerdigung von MEINE ERDE
MEINE ERDE entwickelt die Alternative zu den bisherigen Bestattungsformen. Erfahren Sie hier mehr über die »Reerdigung« und wie Sie diese für sich nutzen können.
In der öffentlichen Berichterstattung taucht im Zusammenhang mit der Reerdigung hin und wieder die sogenannte »Störung der Totenruhe« auf. In diesem Artikel möchten wir – basierend auf dem entsprechenden Rechtstext – einordnen, was als Störung der Totenruhe gilt.
Um eine Störung der Totenruhe im rechtlichen Sinne, also nach § 168 Strafgesetzbuch (StGB), handelt es sich, wenn Folgendes erfüllt ist:
Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht [also ein ungeborenes Kind], Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.
Der Versuch ist strafbar.
Dafür betrachten wir den Gesetzestext im Detail:
»[...] unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten [...] wegnimmt [...]« bedeutet, dass sich jemand ohne die Zustimmung der totenfürsorgeberechtigten Person des verstorbenen Körpers bemächtigt.
Der oder die Totenfürsorgeberechtigte setzt die Wünsche der verstorbenen Person bezüglich des Umgangs mit ihren sterblichen Überresten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben um. Das betrifft v.a. die Wahl der Bestattungsart und der Beisetzung sowie die Gestaltung der Grabstätte. Wenn sich eine Person zu Lebzeiten gewünscht hat, nach ihrem Tod reerdigt zu werden, und der/die Totenfürsorgeberechtige diesen Wunsch umsetzt, d.h. eine Reerdigung beauftragt, handelt es sich gerade nicht um eine Störung der Totenruhe.
»[...] oder [...] beschimpfenden Unfug verübt [...]« – eine Verübung beschimpfenden Unfugs liegt vor, wenn eine besonders derbe Miss- oder Verachtung gegenüber dem/der Verstorbenen zum Ausdruck gebracht wird (siehe Wikipedia).
Wenn eine Reerdigung der Wunsch der verstorbenen Person war, dem Folge geleistet wird, und der Umgang mit der verstorbenen Person stets pietätvoll ist, wird die Würde des/der Verstorbenen in besonderer Weise geachtet – auch hier liegt also keine Störung der Totenruhe vor.
Rechtlich ist die Frage eindeutig und längst beantwortet: Bei der Reerdigung liegt keine Störung der Totenruhe vor. Jenseits der rechtlichen Einordnung haben viele Menschen auch ein persönliches Gefühl dafür, was Ruhe nach dem Tod bedeutet.
Gelegentlich wird in dem Zusammenhang geäußert, dass eine mögliche Bewegung des Körpers durch die langsame Wiegebewegung des Kokons als störend empfunden werden kann. Dass ein Körper nach dem Tod bewegt wird, lässt sich allerdings bei keiner Bestattungsart vermeiden: Der/die Verstorbene muss beispielsweise immer bewegt werden, um vom Sterbeort zum Bestattungsinstitut und von dort zum Beisetzungsort überführt zu werden. Bei der Kremation wird der Körper zudem im Verbrennungssarg in den Ofen eingefahren und durchläuft dort verschiedene Brennkammern (anschaulich hier erklärt), bei der Erdbestattung wird der/die Verstorbene im Sarg in das circa 2 Meter tiefe Grab herabgelassen. Sofern die Bestattungsart dem Wunsch des/der Verstorbenen entspricht und gemäß den bestattungsrechtlichen Vorgaben durchgeführt wird, stellt die Bewegung des Körpers keine Tathandlung nach § 168 StGB dar. Unabhängig davon können sich Menschen in ihrem individuellen Empfinden von der Bewegung bei einer der Bestattungsarten gestört fühlen. Daher ist es wichtig, dass es auch bei der sog. letzten Entscheidung verschiedene Optionen gibt, sodass die individuell richtige Wahl getroffen werden kann.
Ein weiterer Punkt, der manchmal vorgebracht wird, betrifft die »Unteilbarkeit der sterblichen Überreste«. Diese ist im deutschen Bestattungsrecht ein grundlegendes Prinzip. Das betrifft neben dem Körper bei der Erdbestattung auch die Asche bei der Kremation und die neue Erde bei der Reerdigung. Die gesamte Asche und die gesamte neue Erde müssen als Einheit beigesetzt werden. Bei der Aufbereitung (dem Mahlen) der Asche bei der Kremation als auch der neuen Erde bei der Reerdigung kann prozessbedingt nicht komplett ausgeschlossen werden, dass sich kleinste Mengen als Anhaftungen im Ofen oder in der Mühle absetzen. Hier von einer willentlich herbeigeführten Teilung der sterblichen Überreste zu sprechen, ist schlicht unzutreffend. Und auch eine unbefugte Wegnahme von Teilen der sterblichen Überreste im Sinne von § 168 StGB liegt nicht vor.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn der Wille der verstorbenen Person bezüglich ihrer sterblichen Überreste entsprechend den bestattungsrechtlichen Vorgaben des Bundeslandes umgesetzt wird, kann es sich nicht um eine Störung der Totenruhe im strafrechtlichen Sinne handeln. Die Reerdigung als neue Bestattungsalternative stärkt vielmehr die körperliche Selbstbestimmung auch über den Tod hinaus – indem sie Menschen eine Wahl ermöglicht, die sich für sie stimmig anfühlt.