Der Mann von Martina Krämer aus Oering im Kreis Segeberg war einer der ersten Verstorbenen, die 2022 in Schleswig-Holstein reerdigt wurden. „Mein Mann war sehr naturverbunden und die Vorstellung, verbrannt oder im Sarg beerdigt zu werden, war für uns immer schon unerträglich“, sagt Krämer. „Es ist ein gutes Gefühl, dass wir den letzten Wunsch meines Mannes, reerdigt zu werden, erfüllen konnten.“ Und auch sie als Angehörige hat die 40 Tage der Reerdigung als heilsam in der akuten Trauerphase erlebt: „Die Entschleunigung dieser Bestattungsart hat mir in meiner Trauerbewältigung sehr geholfen. In dieser Zeit hatten wir die Möglichkeit, das Tuch, in dem die Erde eingeschlagen wurde, zu gestalten. Wir malten einen Lebensbaum. Jeder hat sich mit einem Handabdruck als Blatt des Baumes auf dem Tuch verewigt. So konnten wir gemeinsam intensiv trauern und viele schöne Geschichten austauschen. Der Gedanke, dass mein Mann durch das Tuch, von all seinen Lieben umarmt, seine letzte Ruhe findet, war unheimlich tröstend.“
„Der Tod wird so wieder Teil des Lebens“
Hilke Lage, Pastorin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Mölln, hat das Projekt von Anfang an begleitet: „Es hat uns überzeugt, weil es uns wichtig ist, auch auf unseren Friedhöfen die Schöpfung zu bewahren. Gleichermaßen entscheidend war der Eindruck, dass mit den Verstorbenen zu jeder Zeit würdig und pietätvoll umgegangen wird.“ Inzwischen fanden neben persönlichen Verabschiedungen auch kirchliche und nicht-konfessionelle Trauerfeiern am Kokon statt. „Ich habe den Eindruck, dass Angehörige diese Bestattungsform und auch die 40 Tage nutzen, um den Abschied aktiv zu gestalten”, so Pastorin Lage: „Indem sie bei der Einbettung dabei sind, in der Zeit der Umwandlung ein Licht für die Verstorbene brennen lassen oder das Leinentuch für die neue Erde gemeinsam bemalen. Der Tod wird so wieder Teil des Lebens.“
Ein Blick in die Zukunft
Die Beisetzung der neuen Erde ist bereits auf Friedhöfen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern möglich. Jörgen Schulz, Regionalgruppenvorsitzender des Verbands der Friedhofsverwalter Deutschland e.V. (VFD) in Schleswig-Holstein, betont die Zukunftsfähigkeit der Reerdigung: „Als ich das erste Mal davon hörte, war für mich bereits klar, dass diese Form der Bestattung absolut in die heutige Zeit passt. Hier ist auch besonders, eine Bestattungsform wieder ‘für die Friedhöfe’ zu haben, die ja leider über immer mehr Freiflächen verfügen.“ Mit Blick auf die befristete gesetzliche Erprobungsphase sagt Schulz: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Reerdigung danach als dritte Bestattungsart im Bestattungsgesetz fest verankert sein wird. Danach werden dann auch schnell weitere Bundesländer folgen.“
Dort wächst das Interesse auf politischer Ebene bereits. Landtagsabgeordnete aus mehreren Bundesländern, darunter Berlin und Nordrhein-Westfalen, besuchten Schleswig-Holstein, um sich in einem Alvarium ein eigenes Bild von der Reerdigung zu machen. Auch Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt befassen sich mit einer Novellierung ihrer Bestattungsgesetze. Schließlich ist das Interesse in der Bevölkerung groß: Menschen aus acht Bundesländern wurden bereits in Schleswig-Holstein reerdigt.
Nach drei Jahren zeigt sich: Die Reerdigung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Schleswig-Holstein hat mit der gesetzlichen Grundlage eine Vorreiterrolle übernommen, die bundesweit und international ausstrahlt und die Bestattungskultur um eine Alternative bereichert. Genauso wie es sich Martina Krämer und ihr Mann gewünscht haben.
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Animiertes Erklärvideo zur Reerdigung
Kartenansicht der Alvarien, Partner-Bestattungsinstitute und Friedhöfe: www.meine-erde.de/standorte
Zur Reerdigung:
Die Reerdigung ist eine neue Bestattungsform, bei der der Körper der verstorbenen Person in einem sargähnlichen Kokon in 40 Tagen in Erde transformiert wird. Die neue Erde wird dann auf einem Friedhof beigesetzt. Auf dieser fruchtbaren Erde kann neues Pflanzenleben gedeihen. MEINE ERDE ist der europaweit erste Anbieter der neuen Bestattungsform Reerdigung. In einem hierfür konzipierten und vielfach wiederverwendbaren Kokon wird der natürliche Prozess der Transformation zu Erde beschleunigt.
In Mölln wurde im Februar 2022 das erste Alvarium Europas eröffnet. Zunächst wurde die Reerdigung in einer zweijährigen Pilotphase in Form einer behördlichen Duldung angeboten. Auf Basis der Erkenntnisse aus der Pilotphase verabschiedete der Landtag im Januar 2024 einstimmig eine neue Öffnungsklausel im Bestattungsgesetz, die nun die Erprobung bisher gesetzlich noch nicht geregelter Bestattungsformen wie der Reerdigung für bis zu fünf Jahre ermöglicht. Die wissenschaftliche Erforschung der Reerdigung wird durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig sichergestellt.
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Olga Perov, presse@meine-erde.de, Tel. 030 209 655 888